Glaubwürdigkeitskrise? Toter Punkt? Frische Kraft! Beim digitalen Forum Evangelisierung am Freitagabend stand im Mittelpunkt, was das Evangelium schenkt: Hoffnung, Freude und Mut. Auch in schweren Zeiten. Und es standen die Menschen im Mittelpunkt, die Evangelisierung leben. Die Evangelisierung ein Gesicht geben.
60 Haupt- und Ehrenamtliche Mitarbeitende nahmen am Freitagabend an der digitalen Veranstaltung des Labor E des Erzbischöflichen Generalvikariats in Kooperation und Trägerschaft mit dem Liborianum teil.
Eine Tür steht wie vom Himmel gefallen mitten in öder Wüstenlandschaft. Der Boden vertrocknet. Keine Wolke am Himmel, die Regen und damit neues Leben verspricht. Doch die Tür ist geöffnet. Sie zeigt in eine Landschaft mit satten Wiesen. Mit blühendem Leben. Dieses Bild stand im Zentrum des Forums Evangelisierung und symbolisierte die Stimmung der Veranstaltung. Frisch, kraftvoll, mit Blick nach vorn.
Zu Beginn der Veranstaltung stand die Frage im Raum: Evangelisierung – was ist das eigentlich? Antwort von Andrea Keinath, Theologin im Labor E: „Evangelisierung meint, das Evangelium zu verkünden“. Nächste Frage: Was ist denn das Evangelium? Antworten darauf lieferten Video-Einspieler von Haupt- und Ehrenamtlichen: „Das Evangelium bedeutet ein Leben in Fülle“. „Gott liebt uns Menschen, und Jesus hat das gezeigt“. „Das Evangelium bedeutet, ganz im Jetzt zu leben – gelöst von Sorgen um die Zukunft“. „Das Evangelium führt zu der Frage: Was hätte Jesus getan? Er hätte sich für die armen Menschen eingesetzt“.
Die Tür steht offen
Mit den Einspielern bekam Evangelisierung ein Gesicht. Oder besser viele Gesichter. Männlich, weiblich, jung, alt. Und alle: mit Freude am Glauben. Die unterschiedlichen Facetten von Evangelisierung sammelten die Mitarbeitenden des Labor E dann in einem gemeinsamen Verständnis.
Andrea Keinath, Marina Kräling und Christopher Dietrich zeigten, dass Evangelisierung ein Dreiklang ist. Ein Dreiklang aus Selbstevangelisierung, missionarischem und diakonischem Handeln. Mit diesem Verständnis im Blick wurden dann konkrete evangelisierende Projekte vorgestellt. Damit wurde gewissermaßen wie auf dem Bild, das im Zentrum der Veranstaltung stand, die Tür geöffnet zu Orten, wo frisches Gras, frischer Glaube wächst.
Wo Thomas Twents eine Outdoor-Krippe aufgebaut hat und damit im Glauben den Schritt von der Privatsphäre in die Öffentlichkeit wagte. Wo Vikar Jonas Klur in Höxter in Zeiten des Lockdowns Menschen gesammelt hat, die sich bei den Einsamen und Kranken melden. Wo Gemeindereferent Christoph Kinkel Menschen unter dem Dach eines Zirkuszelts versammelt, um das Leben und den Glauben zu teilen. Wo Pastor Stefan Tausch in Zeiten von leeren Kirchen eine mobile Kirchenbank in die Innenstadt stellt, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen.
Bin ich der Kirche egal?
Auf der Zielgeraden der Veranstaltung wendete sich der Blick nochmal komplett. Weg von erfrischenden evangelisierenden Projekten hin zu einem Menschen, der noch nicht mit dem Evangelium in Berührung gekommen ist: Alexander Krex, Redakteur bei ZEIT online. Atheist.
Er hat den viel beachteten Artikel geschrieben: „Warum missioniert mich keiner?“, in dem er der Frage nachgeht, warum er nicht an Gott glauben kann und ob er der Kirche egal ist.
Krex, eingespielt per Video, erzählte, dass er sich wünscht, Glauben zu können. „Mein Leben würde anders aussehen mit einem festen Glauben“, sagte er. Später sprach er sogar von einer „Wesensveränderung“, die er erleben würde, wenn er an Gott glauben würde. Doch dann sagte er: „Aber ich bin doch wohl so eingefahren, dass ich meinen Blick, durch den ich die Welt betrachte, nicht ablegen kann. Ich kann mir nicht vorstellen, was passieren sollte, dass ich bekehrt werde.“
„Wirklich, Gott ist an diesem Ort“
Gott hat Alexander Krex noch nicht gefunden. Aber dafür die Antwort auf die Frage, ob er der Kirche egal ist. „Nein, das bin ich nicht“, sagte er beim Forum Evangelisierung. Das habe er am Interesse seiner drei Gesprächspartner für den Text gemerkt – und noch viel mehr anhand der Reaktionen auf den Artikel.
„Ich habe noch nie so viele Leserbriefe bekommen“, sagte Krex. Dabei waren auch Bücher, die ihm Input auf seiner Glaubenssuche geben sollten, Gesprächsangebote und Segenswünsche. Er weiß: Alle, die sich bei mir gemeldet haben, denen bin ich nicht egal. Und alle, die sich bei mir gemeldet haben, sind Kirche.
Zum Ende des Forums Evangelisierung ging der Blick ganz auf Gott. „Auf seinen liebenden Blick auf uns“, sagte Christopher Dietrich. „Welche Ermutigung“. Mit dem abschließenden Gebet fokussierten sich die Teilnehmenden darauf, dass es Gott ist, der wachsen lässt – oft ohne, dass wir Menschen es sehen. Und Gott ist es auch, der sterben lässt – und wir dürfen loslassen. „Wirklich, Gott ist an diesem Ort und ich wusste es nicht“, heißt es im Buch Genesis. In der trockenen Wüste und im Land mit frischem Gras.
Ein Beitrag von: Tobias Schulte, Erzbischöfliches Generalvikariat, Abteilung Kommunikation, Team Redaktion